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29. März 2024

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Der Knochen aus dem 3D-Drucker

Der Knochen aus dem 3D-Drucker© Bilderbox.com

Ein neues Christian-Doppler-Labor an der TU-Wien erforscht Knochenersatz-Implantate aus dem 3D-Drucker. Das CD-Labor wird getragen vom BM für Digitalisierung und Wirtschaft sowie von den Unternehmen KLS Martin, Lithoz und TCC.

(red/czaak) Kein Knochen ist wie der andere. Wenn etwa nach einem Unfall ein Knochenersatz gebraucht wird, ist eine entsprechend körpergerechte Form wichtig und dafür eignen sich dann 3D-Drucker. Sie sind heute oft das Werkzeug der Wahl, wenn keine massenproduzierte Serie identischer Objekte notwendig sind, sondern passgenaue Einzelstücke.

Die Herausforderung besteht allerdings darin, passende Materialien für den Aufbau von Knochen zu finden, die sich dann im 3D-Drucker verarbeiten lassen. Die TU Wien will nun solche Materialien neu entwickeln oder gezielt verbessern und für die entsprechende Erforschung und angewandt praxisorientierte Umsetzung wurde aktuell das Christian-Doppler-Labor (CD-Labor „Advanced Polymers for Biomaterials and 3D Printing“) eröffnet. Finanziell unterstützt wird das neue Labor vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaft (BMDW) und von den Firmenpartnern KLS Martin, Lithoz und TCC.

Neue Chancen für Menschen und Wirtschaft
„Durch den Einsatz von 3D-Druckern können in der Medizin neue Chancen für die Menschen und die Wirtschaft ergriffen werden. Die neuartige Medizin mit beispielsweise individualisierten Knochenimplantaten eröffnet spannende Möglichkeiten und bietet Wachstumschancen für unsere Unternehmen“, erläutert Elisabeth Udolf-Strobl, Wirtschaftsministerin.

„Einen Knochen darf man sich nicht wie ein starres, lebloses Objekt vorstellen“, sagt Stefan Baudis vom Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien, der das neue CD-Labor leitet. „Ununterbrochen werden die Knochen in unserem Körper von bestimmten Zellen abgebaut und von anderen Zellen gleichzeitig wieder aufgebaut. Daher können Knochenbrüche ganz von selbst wieder verheilen“, so Baudis weiter.

Lebendiges Material
Diese Zellen werden durch eigene Blutgefäße versorgt, die den Knochen durchziehen und den nötigen Stofftransport ermöglichen. Dem Körper muss ein passendes Gerüst vorgeben werden, das dann von körpereigenen Zellen besiedelt und zum ganz normalen Knochen umgebaut wird. „Ein solches Gerüst wollen wir mit 3D-Druck-Technologie herstellen“, sagt Stefan Baudis.

Ein beschädigtes Knochenstück lässt sich mit modernen bildgebenden Verfahren präzise vermessen. Am Computer kann dann der gewünschte Knochenabschnitt genau auswählt werden und der 3D-Drucker würde innerhalb von Stunden Schicht für Schicht ein Knochengerüst mit genau der richtigen Form erzeugen - und dieses wird dann bei der Operation mit dem natürlichen Knochen verklebt.

Die nötigen Eigenschaften des Knochengerüsts
Materialwissenschaftlicher muss das künstlich hergestellte Knochengerüst jedoch eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen. Dazu gehört eine poröse Struktur, damit knochenaufbauende Körperzellen eindringen können und der Stofftransport funktioniert. Es muss fest und nicht zu spröde sein, damit es nicht sofort bricht. Es muss vom Körper in überschaubarer Zeit abgebaut werden, damit am Ende, wenn es durch natürlichen Knochen ersetzt wurde, vom Gerüst nichts mehr übrigbleibt. Außerdem sollen bereits Partikel aus Calciumphosphat im Gerüst eingebaut sein, die dann in das Knochenmaterial umgewandelt werden.

Gleichzeitig muss das Material 3D-Druck-tauglich sein: Es muss zunächst bei Raumtemperatur flüssig bleiben, bis es mit Licht der passenden Wellenlänge bestrahlt wird. Dadurch wird dann eine chemische Kettenreaktion ausgelöst, die das Material genau an den bestrahlen Stellen aushärtet. „Wir wissen bereits viel über die Chemie der einzelnen nötigen Komponenten. Nun forschen wir an den passenden Materialgemischen, mit denen sich all diese Anforderungen erfüllen lassen“, ergänzt Stefan Baudis. Weiterer Programmschwerpunkt des neuen CD-Labors ist die Weiterentwicklung der 3D-Druck-Verfahren selbst.

Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte und wirtschafts- bzw. praxisnahe Grundlagenforschung betrieben. WissenschafterInnen kooperieren dazu mit Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft auch international als Best-Practice-Beispiel.

Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert. Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaft (BMDW).

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 28.06.2019