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20. April 2024

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Endlich Urlaub

Endlich Urlaub©piqs.de/feliciano guimares

Die Aufregungen der letzten Woche rund um die Ösi-Journaile und feminine Kampf-WeipsInnen waren anstrengend. Im aktuell fünften Teil der sommerlichen Entschleunigungstexte träumt daher unser aller Shlomo Abdullah vom wohlverdienten Urlaub. Davor suchen ihn allerdings noch diverse Traumata heim und, passend, so muss Kasandra, Shlomos beste aller Ehefrauen zur Ordnung rufen. Der Flieger in den dann wirklich schwer verdienten Urlaub wartet nicht.

(Christian Czaak) Bis dato war der Sommer für Shlomo Vorbereitungen und Umsetzungen lesbarer Geschichten abseits von beruflich wertvollen Themen gewidmet. Nach dem bisherigen Höhepunkt im vierten Teil in Form einer geschlechtsgesellschafts- und ein wenig auch medienpolitischen Auseinandersetzung rund um eine, auch den Reaktionen entsprechend dramaturgisch passende und dankenswerter Weise männlich dominierte Erörterung der politischen Situation in Österreich mit darauf folgenden weiblich zentrierten philosophischen Erkenntnissen, reagierte Shlomo mit rund 22.000 Zeichen (inklusive Abstand) oder rund fünf Maschinschreibseiten.

Die LeserInnen reagieren, beziehungsweise müssen reagieren
Ein (nahezu) halber Kurzroman also und daraufhin gab es entsprechend auch direkte Reaktionen von Leserinnen sowie Lesern und ein ordentlicher Schreiber ist dafür nicht nur dankbar, sondern manchmal regelrecht euphorisch, besonders dann, wenn diese Reaktionen das vollständige Leseverständnis spiegeln und zudem auch die im Text erörterte Problematik. Bei einigen Kritiken ging es auch um grundsätzliches und das liest sich dann so: „Es wäre besser, Sie treten Ihren Urlaub bald an“, schrieb Petra K.. „Diese komischen Entschleunigungsgeschichten passen aber so was von nicht. Wenn schon keine üblichen Berichte, dann bitte lieber gar nix“, kam wiederum von Herbert M..
Es gab aber auch verhaltene Zustimmung: „Mit Fußball (Anm. das war Teil drei) konnte ich nichts anfangen aber für die Frauengeschichte gebe ich vier von fünf Punkten“, wertete Siegfried L.. „Viel zu lange generell, viel zu lange Schachtelsätze (Anm. dieses Problem ist uns bereits bekannt), mehrere unpassende Abschweifungen“, urteilte wiederum Birgit Z. Versöhnlich dafür Hans A.: „Super. Viele lustige Passagen, treffende Beschreibungen. Oft gelacht.“ Und auch Ute F.: „Bitte diese Kolumnen beibehalten. Die zweite (Anm. die mit dem politischen Spaziergang) war fad aber alle anderen waren lustig zu lesen, einmal was anderes.“ Zum besseren Verständnis noch: „echte“ Leserbriefe waren nur die ersten zwei Anführungen, alle anderen waren proaktiv eingeholte Sichtweisen von Freunden und bekannten Lesern.

„Dotti, die Blondine“ oder „Wer schreibt so spät den Text am Spind“
Grundsätzlich war diese männlich schreiberische Reaktion auf die Spiegeltext-Reaktionen eigentlich gar nicht geplant aber manchmal muss man sich auch über Grundsätze hinweg setzen und als verantwortungsbewusster Schreiber konnte Shlomo ja nicht einfach nur nix schreiben. Wobei, einmal nix, beziehungsweise von Nix schreiben? Das wär’ schon was. Shlomo erinnert sich an die Philosophie-Vorlesungen seines Publizistik-Studiums, recherchiert in der gehobenen belletristischen Literatur und im Bereich der Sachbuchautoren, öffnet die Kiste aus seiner Jugendzeit zum Thema Trivialliteratur mit Straßenfegern wie „Dotti, die Blondine“ (Verlag Sexer Nummer 92) oder „Die Stadt der Toten“ (Jerry Cotten Nummer 612) - und gerät regelrecht ins Schwärmen. Zwischen Ovid, Sophokles, Wittgenstein, Popper oder dann eben Dotti und Jerry muss es doch noch was geben. Eine Art Zwischenstromland geistig-schreiberischer Ergüsse.
Shlomo beginnt nun einmal den Titel zu formen. „Wer schreibt so spät den Text am Spind. Es ist der Mann, geformt bei Frau und Wind.“ Pfah. Auch wenn da Shlomos Traumata aus seiner Zeit beim Bundesheer durchblitzen, er beschließt trotzdem und vorsorglich die Anmeldung beim kommenden Literaturfestival der Vorstadtautoren, äh, natürlich -autorinnen. Wenn Shlomo das macht, darf er gendertechnisch ja nicht angreifbar sein. In der Jury sitzen auch hier sicher Expertinnen und die verstehen nicht einmal fiktiven literarischen Spaß. Wobei, als Spaß wäre das eh nicht gemeint. In Zeiten, wo Feministinnen die zumindest sprichwörtliche Weltfrauschaft übernehmen, muss Shlomo die (bitte ebenso sprichwörtliche) Fahne der weißen silberhaarigen Schwanzträger hochhalten. Und das „innen“ soll, entsprechend politisch korrekt, die ja auch vorhandenen männlichen Feministen mit einbeziehen.

Kasandra wird schrill
Hier wird Shlomo aber nun unsicher: heißt es „männliche Feministen“ oder doch, und politisch möglicherweise weitaus korrekter, „männliche FeministInnen“. Puh. Das birgt eventuell einige Sprengkraft in sich. Neben Expertinnen braucht Shlomo nicht auch noch das Feuilleton gegen sich. Das deutsche natürlich. Die Ösis schreiben zwar auch Feuilleton in die Pagina einzelner Bücher, vulgo Teile, ihrer tagesperiodengleichsamen Druckwerke – aber der oder die folgenden Inhalte sind dann sicher nicht feuilletonistisch, bestenfalls tonistisch. Tonistisch?! Shlomo ist jetzt erregt, geistig, das ist zielführender, zumindest jetzt. Hat er gar ein neues Wort definiert? Er, der ohnehin schon tausende Zeichen im Sekunden- oder zumindest Minutentakt aus dem Hirngelenk schütteln kann. Winkt ihm ein Platz in der philosophischen Ahnengalerie österreichischer Geistesgrößen?
„Shlomo!“ Oh je, aus der Traum. Kasandra ruft und an Tonalität und zeitlicher Kürze ihrer ganz eigenen Zischsprache erkennt Shlomo in der Sekunde den Ernst der Lage. Kasandra braucht Aufmerksamkeit. „Jaaah?“ „Alles eingepackt?!“ Shlomo wird nervös. Der Urlaub. Der Familienurlaub! Luke und Helen (die Kinder) mischen sich jetzt auch noch ein: „Wir sind fertig Papa. Du auch?!“. Shlomo schluckt kurz, jetzt braucht er einen Trick: „Natürlich bin ich fertig, nur das Handy ist noch nicht ganz aufgeladen. Geht doch bitte schon vor zum Auto.“ „Papa...?“ „Shlomooh!“ Jetzt wird Kasandra schrill. Bitte nicht. Es ist Urlaub und der soll entsprechend beginnen. Shlomo beschließt das Handy unterwegs zu laden, er hat sich extra so ein Gerät angeschafft. Rückblickend nun in weiser Voraussicht. Und nicht jeder Text muss fertig werden. Schließlich ist Entschleunigung angesagt. Für das passende Musikwerk muss aber noch Zeit zur Auswahl sein. Kasandra hin oder her. Der Weg zum Urlaub will auch passend liedlich umrahmt sein. Außerdem hat Mick Jagger gerade seinen 75. Geburstag gefeiert. Was eigentlich eine eigene Geschichte wäre. „Shlomooooohhh!“

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 31.07.2018