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29. März 2024

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Im Zangengriff der Treibstoffpreise

Im Zangengriff der Treibstoffpreise© Bilderbox.com

Hohe Kerosinkosten treiben US-Fluglinien erneut in die Enge. Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.

Für United ist auch nach drei Jahren Gläubigerschutz vieles beim Alten. Die Treibstoffpreise, die bereits anzogen, als die US-Fluglinie um eine Verlängerung ihrer Insolvenz-Schonzeit ansuchte, haben inzwischen bedrohliche Höhen er- reicht. Allein im letzten Jahr legten die Kosten für Kerosin um 80 Prozent zu. Die Flieger der Airline sind weiterhin nur unzureichend ausgelastet, die operativen Kosten übersteigen jene der Konkurrenz. Seit geraumer Zeit schon präsentiert man sich mit einer Art Verkaufsschild auf dem Markt, bisher ohne Erfolg.
Das Tief nach 9/11 haben die US-Fluglinien zwar überwunden. Doch die Probleme von einst, wie etwa geringes Passagieraufkommen, wurden rasch durch neue er- setzt. Die riesigen Flotten der großen Carrier sind in die Jahre gekommen, die Maschinen zeigen nicht nur im Innenraum Ermüdungserscheinungen. Um Kosten zu sparen, wurden Routineüberprüfungen outgesourct und nicht immer zur Zufriedenheit erledigt. Southwest Airlines fasste zuletzt eine saftige Strafe wegen Wartungsmängeln aus.

Flucht in Fusionen
Die goldenen Zeiten amerika- nischer Fluggesellschaften, als Fliegen noch vom Hauch des Mondänen umgeben war und Flugbegleiterinnen von Trans World Airlines (TWA) und Pan American World Airways (Pan Am) die Passagiere in Kostümchen à la Emma Peel umsorgten, sind vor- über. TWA beförderte zwar Ende der 1980er Jahre noch die Hälfte der Transatlantikreisenden. Eine Reihe von Management-Fehlentscheidungen führte aber zum jähen Absturz. American Airlines kaufte TWA schließlich auf. Pan Am war ein ähnliches Schicksal beschieden: Was noch an Wert besaß, darunter die Strecken nach Europa, holte sich Delta Anfang der 1990er Jahre an Bord.
Den großen Fluglinien, allen vor- an United, wird zwar weiterhin eine gewisse Unbeweglichkeit gegenüber den Anforderungen des Marktes vor- geworfen. Vor den hohen Kerosin- preisen scheinen jedoch alle Carrier gleich zu sein. Seit März stellten die Aloha Airgroup, ATA Airlines, die Business-Class-Linie Eos und Skybus Airlines ihren Betrieb ein. Frontier Airlines suchte um Gläubigerschutz an. Die Großen versuchen sich in- des mit zusätzlichen Gebühren, wie für das Einchecken einer zweiten Tasche, hinüberzuretten. American Airlines stellt zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre seine Gratis- Snacks ein. Die Finanzanalysten von Standard & Poor’s beeindrucken die Maßnahmen nicht. Diese kündigten zuletzt an, das Kredit-Rating aller US-Carrier senken zu wollen. Wohin das führen soll, ist allerdings unklar. Erneute Phasen von Gläubigerschutz dürften kaum eine Lösung sein, denn einzusparen gibt es nicht mehr viel.
Wer kann, flüchtet sich daher in Fu- sionen. Mitte April gab Delta den Kauf von Northwest Airlines bekannt. Im letz- ten Jahr noch wehrte sich Delta gegen ein feindliches Übernahmeangebot von US Airways. Die Zustimmung der Kar- tellbehörde vorausgesetzt, könnte aus Delta und Northwest die weltgrößte Fluggesellschaft entstehen. US Airways soll sich inzwischen mit United über eine Fusion unterhalten. Davor ließ ein Quartalsverlust von einer halben Mrd. US-Dollar bei United die Verhandlungen mit Continental Airlines platzen.

Strammer Neuling
In den alten TWA-Terminal auf New Yorks Kennedy-Airport zieht unterdessen eine neue Fluglinie ein: Jet Blue, ein Billigflieger, der es neben moderaten Preisen mit neuem Schick versucht. Die Airbusse und Embraer-Jets der Airline sind allesamt mit Ledersitzen ausgestattet. Jet Blue, das rund 50 Destinationen in den USA und der Karibik anfliegt, gewinnt seit seinem Bestehen sämtliche Kundenbewertungen und fährt zudem recht solide Gewinne ein. Zuletzt beteiligte sich Lufthansa an dem Unternehmen, Kooperationen im Flugbetrieb stehen je- doch noch aus. Nach Einschätzung von Standard & Poor’s dürfte aber auch Jet Blue den Spritkosten nicht entkommen.

Alexandra Riegler, Economy Ausgabe 60-07-2010, 10.08.2017