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27. April 2024

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Die dringende Notwendigkeit für umfassende Reformen

Die dringende Notwendigkeit für umfassende Reformen© pexels/hilip deus

EY hat über 600 mittelständische Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeitern zum Thema Digitalisierung befragt und dabei auch die einzelnen Bundesländer und Branchen sowie die Rahmenbedingungen beleuchtet.

(red/czaak) Digitale Technologien haben branchenübergreifend unterschiedliche Relevanz. Sie sind etwa für Geschäftsmodelle von Unternehmen mit Jahresumsätzen jenseits der 30 Millionen Grenze deutlich wichtiger als für Unternehmen mit weniger als zehn Millionen Euro. Der Anteil der Unternehmen, die digitalen Technologien eine sehr große oder mittelgroße Bedeutung beimessen, liegt bei größeren Unternehmen mit fast siebzig Prozent deutlich höher als bei Unternehmen mit Jahresumsätzen von weniger als zehn Millionen Euro (59 Prozent).

Bedeutung der Digitalisierung steigt deutlich
Aber auch für Unternehmen, die zwischen zehn und 30 Millionen Euro Jahresumsatz machen, sind digitale Technologien nahezu gleich bedeutsam: 66 Prozent weisen ihnen eine große oder mittelgroße Bedeutung zu. Das sind einige Ergebnisse einer kürzlich von EY veröffentlichten umfassenden Studie zur Bedeutung der Digitalen Transformation für Österreichs Unternehmen (economy berichete). „Insbesondere für kleine Betriebe ist es essenziell, neue Entwicklungen im Technologiebereich in die Geschäftsmodelle zu integrieren. Die digitale Transformation macht keinen Halt und es gilt, den Anschluss an den Mitbewerb nicht zu verlieren“, sagt Susanne Zach, Leiterin AI & Data bei EY Österreich.

Die meisten Unternehmen – unabhängig von der Umsatzkategorie – sind sich aber einig, dass dem technologischen Fortschritt eine große Bedeutung zuzuschreiben ist. 65 Prozent der heimischen Unternehmen sehen in der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft für das eigene Unternehmen eine Chance, während lediglich sechs Prozent in dieser Entwicklung eine Bedrohung sehen. Gegenüber Jahresbeginn 2023 ist damit der Anteil der Befürworter deutlich – um sechs Prozentpunkte – gestiegen.

Unterschiede bei der Chancen-Bewertung
Vor allem große Unternehmen sehen Chancen in der zunehmenden Digitalisierung. Größere Betriebe mit Jahresumsätzen jenseits der Dreißig-Millionen-Marke bewerten die steigende Digitalisierung im Durchschnitt deutlich häufiger als Chance als kleinere Unternehmen (81 Prozent). Bei Unternehmen mit einem Umsatz zwischen zehn und 30 Millionen Euro sinkt die Zustimmung bereits, während bei Betrieben mit weniger als zehn Millionen Euro Umsatz die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft durchschnittlich von 59 Prozent als Chance beurteilt wird. Gleichzeitig ist bei letztgenannten Unternehmen der Anteil derer, die der zunehmenden Digitalisierung indifferent gegenüberstehen, mit 36 Prozent deutlich höher als bei größeren Unternehmen (14 Prozent).

Nicht nur bei der Umsatzgröße, sondern auch quer durch die einzelnen Sektoren gibt es Unterschiede bei der Chancen-Bewertung: Unternehmen aus dem Finanzsektor (88 Prozent) und im Bereich Transport, Verkehr und Energie (77) sowie Soziales, Wissenschaft, Bildung und Kultur (72) sind besonders chancenorientiert. Heimische Unternehmen im Immobilien- und Baugewerbe nehmen die digitale Transformation hingegen kritisch bedrohlich wahr (14). Wirft man einen Blick auf die Bundesländer, so sehen vor allem Wiener, Niederösterreichische und Salzburger Betriebe die Digitalisierung als Chance. In der Steiermark, in Kärnten und in Tirol empfinden die Betriebe sie jedoch eher als Risiko.

Bundeshauptstadt Wien als Digitalisierungshotspot und schlechte Noten für Standortpolitik
Im Bundesländer-Ranking punkten Unternehmen mit Sitz in Wien: 38 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Digitalisierung bereits jetzt eine sehr große Rolle für das eigene Geschäftsmodell spielt, für weitere 29 Prozent eine mittelgroße. Dahinter folgen Betriebe in Salzburg, Tirol oder Kärnten. Betrachtet man die Zahlen aus den Vorjahren, geht die Bedeutung digitaler Technologien in den Bundesländern zurück.

Die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung bezogen auf den eigenen Standort sehen weniger als fünfzig Prozent positiv (41 Prozent). Das sind weniger als vor einem Jahr, als der Anteil bei 50 Prozent lag. 2022 bewerteten diese noch 63 Prozent positiv. Nur 14 Prozent der Unternehmen bewerten sie aktuell als ausgezeichnet. Gleichzeitig ist der Anteil derer, die die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung als schlecht bezeichnen, auf einen neuen Höchstwert von 13 Prozent gestiegen.

Bewertung und Sichtweisen der Bundesländer
Betrachtet man die Bundesländer darauf bezogen, sind Unternehmen in Vorarlberg am zufriedensten mit den Standortbedingungen für Digitalisierung, gefolgt von Wien und Salzburg. Am unzufriedensten sind Unternehmen in der Steiermark und Kärnten mit den Rahmenbedingungen – sowohl Abläufe und Produktion als auch Geschäftsmodell betreffend. Wirft man einen Blick auf die Branchen, zeigt sich der Finanzsektor am zufriedensten mit den Standortbedingungen, gefolgt vom Tourismus und dem Sektor Immobilien und Baugewerbe. Im Handel, aber auch im Bereich Gesundheit/Life Science, der im Vorjahr noch am zufriedensten war, ist die Zufriedenheit am geringsten ausgeprägt.

„In einer Zeit, in der digitale Transformation eine Notwendigkeit für den Wirtschaftsstandort Österreich ist, zeigen die Studienergebnisse deutlich, dass wir vor erheblichen Herausforderungen stehen. Es ist alarmierend, dass nur weniger als die Hälfte der Unternehmen die Rahmenbedingungen für Digitalisierung als positiv bewertet“, so das Resümee von Susanne Zach von EY Österreich. „Dies unterstreicht die dringende Notwendigkeit für umfassende Reformen und eine proaktive Standortpolitik, um Österreichs Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.“

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 12.03.2024