Wirkungsgrad: nur 14 Prozent
Die Effizienz der mit fossilen Brennstoffen betriebenen Autos ist erschütternd gering: Von der Ölquelle bis hin zu den rollenden Reifen verpuffen 86 Prozent der Energie. Ein Problem, an dem die Industrie arbeitet.
Die Treibstoffpreise bleiben konstant hoch. Die bedenklichen „Nebeneffekte“ unserer Automobilität werden uns erst jetzt richtig bewusst: CO 2 - und Feinstaub-Belastung der Umwelt. All dies verstärkt bei den Kunden von Toyota, Ford, VW und Co. den dringlichen Wunsch nach alternativen oder zumindest optimierten Antriebskonzepten. Zwar herrscht zurzeit noch keineswegs eine weltweite Hysterie wie beim ersten Erdölschock in den 70er Jahren. Dass wir uns in Sachen „Energieträger“ bald etwas einfallen lassen müssen, liegt jedoch auf der Hand. Und die Antworten darauf werden nicht nur unser Verhalten betreffen, sondern auch über kurz oder lang die Modifikation der verwendeten Technologien zum Thema haben. Einer, der sich seit Jahren mit Szenarien unserer „Automobilität“ im Zeichen der absehbaren Verknappung und Verteuerung von fossilen Brennstoffen professionell auseinander setzt, ist der Top-Berater Christian Schuh, Vice President von A.T. Kearney Österreich. Und Schuh sieht die aktuelle Entwicklung hin zur Erschließung alternativer Automobil-Antriebstechnologien, welche wesentlich effizienter mit dem Rohstoff Energie umgehen könnten, ebenso differenziert wie verhalten optimistisch: „Wenn wir sagen, wir wollen aktuell Energie sparen, dann wäre die erste Wahl wohl: weniger zu fahren oder kleinere und sparsamere Autos zu benutzen. Wenn man jedoch auf das Leistungsspektrum, das man dem Auto abzuverlangen gewohnt ist, nicht verzichten möchte, dann stellt sich für die Auto- Industrie die Frage: Welche Treibstoff- und Antriebskonzepte können diese Leistung vernünftiger, also wesentlich effizienter erbringen?“
Eine neue Infrastruktur
Eine Frage, deren wie immer geartete Beantwortung, so Schuh, jedoch zwei Aspekte nicht ignorieren dürfe: Zum einen muss die breite Verfügbarkeit der Energieträger gegeben sein. Die heutige Infrastruktur mit ihrem Tankstellennetz ist jedoch fast ausschließlich auf Benzin und Diesel ausgelegt. Selbst die alternativ bereits verfügbaren Treibstoffe wie Erdgas oder Biomasse-Derivate wie Ethanol erfordern gewisse Modifikationen bei der Betankung. Der breitflächige Umbau der aktuellen Infrastruktur zu alternativen Energieträgern wird daher wohl ein beträchtliches Ausmaß an Zeit (und vor allem: Geld) benötigen. Zum anderen stellt sich eine zweite, ebenso essenzielle Frage: Wie sieht die Effizienz der diversen Antriebssysteme denn tatsächlich aus? Originalton Christian Schuh: „Leider wird gerade diese Frage in der öffentlichen Diskussion sehr verkürzt gesehen, indem man nicht die systemische Gesamteffizienz betrachtet, sondern meist nur jene des Fahrzeuges selber, also: welchen Energieaufwand zu welchen Kosten das Auto braucht, um uns von A nach B zu bringen. Wenn man die Sache jedoch nicht nur unter dem eingeschränkten Aspekt der Energie-Effizienz „vom Tank zum Rad“ betrachtet, sondern die Gesamt-Effizienz analysiert, sieht die Sache schon sehr viel anders aus. Misst man nämlich den Wirkungsgrad im kompletten Prozess, der sich von der Rohstoffquelle über die industrielle Aufbereitung und den Transport bis hin zur Tankstelle und der konkreten Nutzung zum Antrieb des Autos erstreckt, erkennt man sofort, dass alle heutigen Antriebssysteme einen sehr niedrigen Faktor an Effizienz aufweisen.“
Die konkreten Zahlen, welche die Experten von A.T. Kearney in einer Studie für einen japanischen Auto-Konzern errechnet haben, sind ernüchternd: Für rein mit Diesel oder Benzin betriebene Fahrzeuge ergibt sich eine Gesamt-Effizienz von mageren 14 Prozent. Das bedeutet, dass satte 86 Prozent der Energie auf dem langen Weg von der Rohölquelle bis zum Ende des absolvierten Autobahn-Ausritts „nutzlos“ verloren gegangen sind. Die Analyse zeigt weiters, wo genau das Problem zu orten ist: Beträgt die Effizienz von der Quelle zum Tank noch veritable 88 Prozent, bricht dieser Faktor auf dem anschließenden Weg vom Tank zum Rad mit bloß 16 Prozent dramatisch ein. Aber auch ein in derselben Studie durchgeführter Vergleich mit der seit einigen Jahren in Prototypen erprobten Brennstoffzellen-Technologie, die Wasserstoff als Energieträger verwendet, fiel relativ ernüchternd aus: Zwar dürften Brennstoffzellen-Autos der ersten halbwegs ausgereiften Generation eine Effizienz von 38 Prozent aufweisen, der Wirkungsgrad dürfte damit um einen Faktor zwei besser ausfallen als bei Benzin- und Diesel-Autos. Der Pferdefuß dieser Hoffnungstechnologie zeigte sich jedoch in Form einer wesentlich geringeren Effizienz auf dem Weg von der Quelle bis zum Tank: nämlich 58 Prozent. Und erst der Gesamtvergleich der beiden Energien fossile Brennstoffe versus aufbereiteten Wasserstoff zeigt, dass Letztere mit 22 Prozent Gesamt-Effizienz leicht die Nase vorne hat.
Brennstoffzellen werden in allernächster Zukunft aber sicherlich noch keine probate Energie-Alternative sein, meint A.T. Kearney-Berater Christian Schuh: „Brennstoffzellen funktionieren am allerbesten mit Wasserstoff. Das Problem ist aber: Wir haben keine WasserstoffInfrastruktur. Zudem erfordert dieses System gerade im Auto, wo eine Brennstoffzelle jahrelang erschüttert wird und allen klimatischen Bedingungen gerecht werden muss, einen hohen technischen Reifegrad. Kurz: Diese Technologie steckt noch in den Kinderschuhen.“ Der logische Schluss daraus: „Die klassische Verbrennungskraftmaschine wird uns noch bis zum Jahr 2020 und darüber hinaus erhalten bleiben – und damit auch die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.“
Hybrid als probate Lösung?
Kein Grund zur Resignation, denn bei näherem Hinsehen zeichnet sich auch konkrete Hoffnung ab, beruhigt der A.T. Kearney-Experte. Denn er weiß als Insider: Die weltweite Auto-Industrie arbeitet bereits unter Hochdruck an einer dramatischen Verbesserung des Wirkungsgrades. „Die erfolgsträchtigsten Ansätze dazu sehe ich für die nächsten Jahre in einer weiteren Verbesserung der Energieausbeute des Diesel-Motors, begleitet von einer dramatischen Reduktion der Schadstoffemission. Eine Variante, die besonders für Langstrecken- und Vielfahrer interessant ist. Da ist Europa derzeit führend. Ein weiteres großes Potenzial erschließt sich mit den diversen Hybrid-Lösungen, denn die Kombination von Verbrennungsantrieb mit intelligent geladenen Elektromotoren erweist sich für den Stop-andgo-Betrieb im städtischen Bereich als überaus effizient. Da ist Japan führend, allen voran Toyota und Honda. Ich bin mir sicher, dass in den kommenden ein, zwei Jahrzehnten die Hybrid-Lösung sich als überlegene, weil effizienteste Antwort auf die Energie- und Umweltfrage erweisen wird. Zumindest so lange, bis die BrennstoffzellenTechnologie ausgereift ist und wir auch die nötige Infrastruktur dazu etabliert haben.“
Ausgewählter Artikel aus Printausgabe 03/2006